Eine aktuelle Studie der Allbright Stiftung (Datenbasis März 2020) mit dem Titel „Traditionsreich und Frauenarm“ nahm die deutschen Familienunternehmen genauer unter die Lupe. Mehr als die Hälfte der 100 größten deutschen Familienunternehmen besteht seit mehr als einem Jahrhundert. Allerdings erscheint deren Führungsverständnis genauso alt wie die Unternehmen selbst zu sein: Weniger als 7 Prozent der Mitglieder in den Geschäftsführungen sind Frauen. Nach wie vor scheint es so, dass Männer die Topetagen in den Familienunternehmen dominieren.
Vergleicht man dies mit den Konzernen der Börsenindizes Dax, MDax und SDax sind es immerhin 10 Prozent. Bei den Dax30 -Unternehmen hingegen liegt der Frauenanteil sogar bei 15 Prozent.
„Familienunternehmen in zweiter, vierter oder sechster Generation sind Anpassungskünstler, sie haben Jahrzehnte überlebt, weil sie immer rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und genutzt haben. Beim Frauenanteil in der Unternehmensführung haben sie aber noch einen „Blind Spot“.»
Wiebke Ankersen und Christian Berg, Geschäftsführer der Allbright Stiftung
Auch wenn Tradition als Wert in Familienunternehmen groß geschrieben wird, scheint dieser „die Erneuerung zu ersticken.“ Die Weiterentwicklung der Führungskultur scheint einen Stillstand zu erfahren.
Eine Frau als Mitglied der Geschäftsführung findet man lediglich in 29 Prozent der großen Familienunternehmen. Insgesamt arbeiten nach Aussage der Studie 406 Männer und 30 Frauen in der obersten Führungsebene. Mit 10,3 Prozent ist der Frauenanteil bei den 20 Konzernen am höchsten, die auch an der Börse notiert sind. Dazu zählen auch die Familienunternehmen wie BMW, Continental, Henkel, Merck oder Volkswagen. Bei Familienunternehmen, die sich zu 100 Prozent in Familienbesitz befinden, liegt der Anteil der Frauen in der Geschäftsführung bei lediglich 4,8 Prozent.
„Diese Unternehmen stehen nicht so stark im Licht der Öffentlichkeit. Transparenz hilft, denn es wird zunehmend erwartet, dass Unternehmen für Vielfalt und Chancengleichheit ebenso sorgen wie beispielsweise für Nachhaltigkeit.“
Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der Allbright Stiftung
Wirft man einen Blick in die Zusammensetzung der Kontrollgremien bei Familienunternehmen, sieht die Situation deutlich besser aus. Der Frauenanteil bei Aufsichts- und Verwaltungsräten liegt bei großen Familienunternehmen bei 24,5 Prozent.
Die Studie kommt weiterhin zum Ergebnis, dass bei Eigentümerfamilien exponierte Positionen wie beispielsweise der Vorsitz der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats vornehmlich an Männer vergeben werden. Lediglich in zwei Familienunternehmen wird der Vorsitz der Geschäftsführung von einer Frau wahrgenommen: Anna Maria Braun bei B. Braun Melsungen und Nicola Leibinger-Kammüller bei Trumpf.
In den Aufsichtsräten sind es immerhin vier: Cathrina Claas-Mühlhäuser bei Claas, Simone Bagel-Trah bei Henkel, Bettina Würth bei der Würth-Gruppe. sowie Doreen Nowotne bei Haniel sei Mai dieses Jahres.
Die Studie gibt jedoch auch Grund zur Hoffnung. Beispielsweise waren Neubesetzungen im Zeitraum zwischen März 2019 und März 2020 weiblicher und internationaler. 22 Prozent der neuen Gesichter in der Geschäftsführung von Familienunternehmen waren weiblich, 26 Prozent kamen aus dem Ausland.
„Die Zahlen zeigen, dass erste Familienunternehmen anfangen umzudenken.“
Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der Allbright Stiftung
Die deutsch-schwedische Allbright Stiftung setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.