Dr. Marco Henry Neumueller mit Steffen Strauss (Familienunternehmen Engelbert Strauss)

FiFo Talk mit Steffen Strauss über die Entwicklung von Strauss zur internationalen Marke, den Balanceakt zwischen Tradition und Innovation sowie die Bedeutung von Partnerschaften mit Metallica und der UEFA

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Steffen Strauss ist geschäftsführender Gesellschafter der Engelbert Strauss GmbH & Co. KG in Biebergemünd.

Marco Henry Neumueller: Engelbert Strauss ist über Generationen hinweg gewachsen und hat sich von einem traditionellen Familienunternehmen zu einer internationalen Marke entwickelt. Wie hat sich die Firmenphilosophie im Laufe der Zeit verändert, und welche Kernwerte aus der Gründungszeit halten Sie heute noch für essenziell?

Steffen Strauss: Im Laufe der Jahre hat sich natürlich einiges verändert. Wir haben uns stets am Zeitgeist orientiert: Was wollen die Kunden, was erwartet die Gesellschaft, welche Produkte und Dienstleistungen sind gefragt? Dabei haben wir uns immer daran gemessen, was wir uns als Kunden wünschen würden – sowohl auf Produkt- als auch auf Serviceebene. Früher war unsere Herangehensweise, dass alles, was wir selbst machen können, auch selbst gemacht werden sollte. Es war das Prinzip, dass Eigenleistung kein zusätzliches Geld kostet, auch wenn es natürlich Aufwand bedeutete. Beispielsweise wurden Besen selbst vervollständigt und mit Flügelschrauben verfeinert.

Mit dem Wachstum hat sich diese Grundhaltung geändert. Es ging dann vielmehr darum, wie wir mit diesem starken Wachstum umgehen. Die Frage wurde: Was können andere für uns tun, damit wir uns auf unsere Kernaufgabe konzentrieren können – die Kundenbedürfnisse und deren Erfüllung. So kamen nach und nach Dienstleister und Partnerunternehmen hinzu, sei es im Kundenservice, der Logistik, dem Marketing oder in der Webentwicklung. Was über die Jahre konstant geblieben ist, ist unser Fokus auf den Kunden. Intern haben wir stets den Anspruch, dass sich jeder wohlfühlen soll, sei es unser Team oder externe Partner. Wenn man sich wohlfühlt, erbringt man bessere Leistungen, und das bringt uns alle weiter.

Marco Henry Neumueller: Sie sprechen oft von „Next Level Brand“ und betonen die Wichtigkeit von Innovation. Wie schaffen Sie es, den Balanceakt zwischen Tradition und Innovation im Arbeitsumfeld zu meistern?

Steffen Strauss: Im Zentrum unserer Arbeit steht immer der Mensch. Auf der einen Seite haben Menschen Grundbedürfnisse wie Anerkennung und Wertschätzung, was für uns in einer positiven Arbeitsumgebung eine große Rolle spielt. Diese traditionellen Werte geben uns Orientierung. Auf der anderen Seite schauen wir immer auch darauf, was der Kunde heute braucht und wie sich seine Anforderungen ändern. Welche Produkte müssen verbessert werden, und welche sucht der Kunde bei uns, die wir vielleicht noch gar nicht anbieten? Es geht darum, seine Bedürfnisse nicht nur zu erfüllen, sondern auch neue zu wecken. Das ist eine Mischung aus traditionellen Kernwerten und einem klaren Blick auf den Markt und den Zeitgeist.

Marco Henry Neumueller: Engelbert Strauss ist bekannt für die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie Metallica und der UEFA. Welche Rolle spielen solche Kooperationen für das Image des Unternehmens und die Weiterentwicklung Ihrer Marke?

Steffen Strauss: Wir kommen ursprünglich aus einer Branche, die vor 20 bis 30 Jahren als verstaubt und konservativ galt. Unser Anspruch war es, 2003 mit der ersten Kollektion eine frische, dynamische Berufskleidung zu schaffen und das Image dieser Kleidung komplett zu verändern. Der Sport spielte dabei eine große Rolle, da er stark von Leistungsdenken und Dynamik geprägt ist – ein Spirit, den wir auch in unsere Berufskleidung einfließen lassen wollten. Durch Sponsoring-Aktivitäten, vor allem im Sportbereich, haben wir diese Verbindung verstärkt. Fußball ist im deutschsprachigen Raum der Volkssport Nummer eins, weshalb es für uns naheliegend war, Partnerschaften im Fußballbereich einzugehen. Wir arbeiten mit Vereinen wie Eintracht Frankfurt, Bayern München und dem FC Liverpool zusammen, aber auch mit Wettbewerben wie dem DFB-Pokal und der Major League Baseball in den USA. Diese Partnerschaften geben unserer Marke ein frisches Image und bringen uns in verschiedenen Märkten voran.

Marco Henry Neumueller: Als Familienunternehmen ist die Unternehmenskultur besonders wichtig. Was tun Sie, um bei der schnell wachsenden Mitarbeiterzahl die Werte und den familiären Charakter von Engelbert Strauss zu bewahren?

Steffen Strauss: Wir unternehmen eine Menge, um das familiäre Gefühl zu bewahren. Früher haben wir viele gemeinsame Betriebsausflüge gemacht, zum Beispiel nach Linz oder Disneyland, oder wir sind für einen Tagesausflug nach London geflogen. Diese Ausflüge sind heute aufgrund der Größe unseres Teams schwieriger geworden, deshalb legen wir jetzt mehr Wert auf besondere Weihnachtsfeiern. In den letzten Jahren haben wir zum Beispiel Weihnachtsmärkte vor Ort veranstaltet oder eine Schlittschuhbahn an unserem Hauptsitz aufgebaut, die auch nach der Feier noch für die Familien der Mitarbeiter geöffnet war.

Im Arbeitsalltag gibt es viele Aktivitäten, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Neue Mitarbeiter werden von mir persönlich begrüßt, und es gibt Workshops, in denen die Werte und die Philosophie des Unternehmens vermittelt werden. Zudem bieten wir Gesundheitsprogramme an, wie kürzlich eine Ayurveda-Woche, oder sportliche Aktivitäten wie Mountainbike-Touren, Yoga oder Pilates. Diese Aktivitäten ermöglichen es den Mitarbeitern, sich bereichsübergreifend zu vernetzen und ein familiäres Miteinander zu pflegen.

Marco Henry Neumueller: Engelbert Strauss engagiert sich stark für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung, insbesondere durch Projekte in Bangladesch und Mitgliedschaften in Organisationen wie der Fair Wear Foundation. Wie integrieren Sie diese Themen in Ihre Unternehmensstrategie und welche Rolle spielen sie für die Zukunft?

Steffen Strauss: Als Familienunternehmen denken wir immer generationsübergreifend und langfristig. Nachhaltigkeit war für uns schon immer ein wichtiger Aspekt, sowohl im sozialen Bereich als auch im Umweltschutz. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist im Laufe der Jahre immer mehr in den Fokus gerückt, und wir haben uns entsprechend weiterentwickelt. Wir veröffentlichen regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte und führen Audits in unseren Produktionsstätten durch. Weltweit arbeiten inzwischen über 20.000 Menschen für uns, und es ist uns wichtig, dass unsere Partnerunternehmen eine positive Grundhaltung gegenüber Mensch und Umwelt haben. Dazu gehört der Einsatz moderner Technologien, wie Klär- und Wasseraufbereitungsanlagen, um eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Produktion sicherzustellen.

Marco Henry Neumueller: In einer Zeit, in der viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu gewinnen, sind Sie stolz auf Ihre „Du-Kultur“ und die Angebote für Mitarbeiter. Wie schaffen Sie es, ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben, und welche Rolle spielt dabei Ihre Unternehmensvision?

Steffen Strauss: Wir wollten schon immer ein attraktiver Arbeitgeber sein. Es liegt in unserer Natur, dass wir gerne mit gut gelaunten, positiven Menschen zusammenarbeiten. Wenn man eine positive Atmosphäre schafft, überträgt sich das auf die gesamte Unternehmenskultur. Diese Energie zeigt sich dann auch in der wirtschaftlichen Leistung. Über die Jahre haben wir viele zusätzliche Aspekte eingeführt, die das Arbeiten bei uns lebenswert machen. Als Workwear-Anbieter stehen wir für die Arbeit an sich und wollen zeigen, dass Arbeit Spaß machen kann – idealerweise natürlich in Engelbert Strauss Kleidung.

Gesundheit ist ein großes Thema bei uns. Wir bieten eine Vielzahl von Gesundheitsprogrammen an, wie Yoga, Meditation, Physiotherapie oder Osteopathie. Auch kulinarisch wollen wir top sein: Wir haben drei Kantinen, eine eigene Backstube, eine Kaffeerösterei und eine Croissant-Manufaktur. Es ist uns wichtig, dass sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Gäste, Kunden und Partner den Spirit von Strauss erleben und gerne bei uns arbeiten.

Marco Henry Neumueller: Engelbert Strauss ist nicht nur eine Marke, sondern auch eine Erlebniswelt – von den Stores bis hin zur „CI Factory“. Wie wichtig ist das Erlebnis für Ihre Kunden und Mitarbeiter, und welche Innovationen planen Sie für die Zukunft?

Steffen Strauss:  Das Erlebnis ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Marke. Während andere Unternehmen in unserer Branche oft sehr rational auftreten, legen wir großen Wert auf ein emotionales Einkaufserlebnis. Unsere Stores sind so gestaltet, dass sich Kunden wohlfühlen, was sich auch in der Einrichtung, der Beleuchtung und vor allem in der Freundlichkeit unserer Mitarbeiter widerspiegelt. Unser Ziel ist es, dass sich der Kunde fühlt, als würde er bei Freunden einkaufen. Dieses Erlebnis ist ein wichtiger Teil unserer Marke und wird kontinuierlich gepflegt.

Marco Henry Neumueller: Herzlichen Dank für den tiefgründigen Austausch und die spannenden Einblicke.