Dr. Christian Dräger (Familienunternehmen Dräger)

Familienunternehmer Christian Dräger im Alter von 90 Jahren gestorben

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Am 30. November 2024 ist Dr. Christian Dräger im Alter von 90 Jahren gestorben. Von 1984 bis 1997 leitete er das von seinem Vater übernommene Familienunternehmen in der vierten Generation. Gemeinsam mit seinem Bruder Theo führte er es mit Elektronik und Börsengang technisch wie wirtschaftlich erfolgreich in eine neue Zeit und machte es nachhaltig fit für den internationalen Markt.

Vita

Nach einer unbeschwerten Jugend bei seiner Mutter in Berlin und Mittlerer Reife in Bad Segeberg steckte ihn sein Vater in eine Feinmechaniker-Lehre in Süddeutschland. Daran schloss sich erst das Abitur und dann ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in München und Wien an. 1964 promovierte er zum Dr. rer. oec. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er bereits drei Jahre als persönlich haftender Gesellschafter im Familienunternehmen. 1971 wurde Dr. Christian Dräger in den Vorstand berufen, dessen Vorsitz er von 1984 bis 1997 innehatte. Danach übergab er seinem Bruder Theo die Führungsrolle und wechselte bis 2005 in den Aufsichtsrat. Seit 2005 steht sein Sohn Stefan in nun fünfter Generation an der Unternehmensspitze.

Die Ära „CD“

„CD“, so nennen ihn langjährige Mitarbeiter. Vor allem schätzten sie an ihm seine Direktheit, sein hanseatisches Understatement und seinen Wortwitz. Wenn CD bei der jährlichen Auftaktveranstaltung fürs laufende Geschäftsjahr ans Rednerpult trat und über erreichte wie künftige Ziele berichtete, wurde es mucksmäuschenstill. Glaubwürdig und überzeugend, zurückhaltend und bescheiden, so erlebten ihn seine Zuhörer. Er fand die richtige Ansprache für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Hierarchien und konnte sich ihrer Loyalität sicher sein. Mit großer Menschenkenntnis suchte Dr. Christian Dräger seine Mitarbeiter sorgfältig aus, damit sie nicht nur ins Unternehmen passten, sondern das Unternehmen auch zu ihnen. 

Schon seit früher Jugend hatte Dr. Christian Dräger Freude am Basteln und nahm hierfür Rat und Unterstützung der Werkstätten des Unternehmens in Anspruch. 

Als er dann Anfang der 1960er-Jahre offiziell ins Familienunternehmen eintrat, sorgte das Wirtschaftswunder für volle Auftragsbücher und neuen Wohlstand. Wie schon sein Vater Heinrich setzte Dr. Christian Dräger auf gesundes Wachstum und richtete seine Strategie auf internationale Märkte aus. Unter seiner Führung wurden zahlreiche Tochtergesellschaften im Ausland gegründet, deren Leiter er alle selber aussuchte und führte. 

Mit der Umwandlung des 1889 gegründeten Familienunternehmens in eine Aktiengesellschaft wurde Dr. Christian Dräger Mitglied des Vorstandes. Als Arbeitsdirektor leitete er das Ressort „Personal- und Sozialwesen“. In den 1970er-Jahren entwickelte sich das Unternehmen in gleich mehrfacher Hinsicht weiter: Die Schweißtechnik und die Regelungstechnik wurden verkauft. Mechanik und Pneumatik wurden durch Elektronik und Sensorik verdrängt. Darauf folgte in den 1980er-Jahren die Vernetzung der Arbeitswelt – Dienstleistungen und Systemlösungen wurden immer wichtiger. Ein Trend, der sich als zukunftsweisend erweisen sollte und dem Unternehmen deutliche Wettbewerbsvorteile verschaffte. Das Wachstum katapultierte das Unternehmen in eine neue Liga, wie Dr. Christian Dräger eher ungläubig feststellte: „1985 konnten wir erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass die Drägerwerk AG zu den 500 größten Unternehmen der Bundesrepublik gehört.“ In diesen Jahren entwickelte das Unternehmen zudem eine neue Identität. Wichtiger als das in einer Broschüre festgehaltene Ergebnis war Dr. Christian Dräger hierbei der unternehmensweite Prozess der Identitätsfindung unter reger Beteiligung der Mitarbeiter. Der Unternehmer formulierte dabei als Ziel: „Qualifiziertes Überleben“. Gemeint ist damit bis heute, das Unternehmen in einem besseren Zustand an den jeweiligen Nachfolger zu übergeben. Während der aktiven Zeit von Dr. Christian Dräger stieg die Zahl der Mitarbeiter bei Dräger auf mehr als das Doppelte, während sich der Umsatz mehr als verzehnfachte.

Kunst aus Leidenschaft

1997 hat er sich aus dem operativen Geschäft der Drägerwerk AG zurückgezogen und sich der Arbeit in Aufsichtsrat und Dräger-Stiftung sowie an zahlreichen Kunstprojekten gewidmet. Nicht nur in seiner Heimatstadt Lübeck, sondern auch weit über die schleswig-holsteinischen Landesgrenzen hinaus hat sich Dr. Christian Dräger zudem als Kunstsammler und -kenner einen Namen gemacht. Sein Augenmerk galt vor allem Handzeichnungen des neunzehnten Jahrhunderts. Seine Sammlung umfasst Werke namhafter Künstler wie Philipp Otto Runge, Karl Friedrich Schinkel, Adrian Ludwig Richter und vielen anderen. Aus Verbundenheit mit seiner Heimat und um die Exponate einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, überließ Dr. Christian Dräger die Sammlung zum Großteil dem Behnhaus in Lübeck als Schenkung. 2019 wurde er im Beisein des Bundespräsidenten mit dem Ernst-Simon-Preis ausgezeichnet.

Familie

Dr. Christian Dräger war ein ausgeprägter Familienmensch. Im Mai 2022 feierte er die diamantene Hochzeit mit seiner Frau Gertrud. Aus der Ehe sind vier Kinder hervorgegangen.

Bildquelle: Draeger