Dr. Marco Henry Neumueller, Martin Strack und Alexander Fackelmann

FiFo Talk mit Alexander Fackelmann und Martin Strack über Zahnstocher, Frühstücksbrettchen und Bademöbel, einen Ex-Investmentbanker als CEO und ein mehrschichtiges Nachhaltigkeitsdenken

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Alexander Fackelmann ist Präsident Fackelmann Brands und Martin Strack ist CEO der FACKELMANN GmbH + Co. KG in Hersbruck.

Marco Henry Neumueller: Herr Fackelmann, mit Ihnen ist die dritte Generation im Unternehmen, wo liegen die Ursprünge von Fackelmann und wie kam es, dass die für Küchenhelfer bekannte Marke auch hochwertige Badezimmermöbel vertreibt?

Alexander Fackelmann (rechts im Bild): Es existiert übrigens bereits eine vierte und fünfte Generation. Mein Großvater wäre sozusagen die erste Generation. Er war ein Bauernsohn und hatte sechs Brüder. Der Bauernhof, auch wenn er recht groß war, war dennoch zu klein für sechs Personen. Somit mussten drei den Hof verlassen und taten das auch. Einer ging nach Stuttgart, der zweite nach München und der dritte nach Nürnberg um als Handelsvertreter für Kleineisenwaren tätig zu werden. Alle drei waren unter der Führung meines Großvaters erfolgreich. Allerdings starb er dann relativ früh schon im Alter von 52. Bis dahin hatte er ein relativ großes Aktienvermögen und drei Mietshäuser in Nürnberg. Im Krieg fielen die Häuser den Bomben zum Opfer und die Aktien waren direkt nach dem Krieg nichts mehr wert. Mein Vater hatte ein Kurz-Abitur am humanistischen Abitur absolviert, war als Flakhelfer tätig und begann dann eine Lehre in Nürnberg. Er verkaufte zwei Grundstücke, um auf dem dritten das Haus neu aufzubauen. Er vermietete zwei Stockwerke als Hotel Garni (heute Hotel Fackelmann). Den Rest des Hauses nutzte er für Büros und später als Lager. Die reine Handelsvertretung reichte ihm nicht aus, er eröffnete gleich einen Großhandel. Als ihm das auch nicht mehr reichte, entschloss er sich selbst zu produzieren. Die Produktion startete er in Hersbruck. In Nürnberg waren die Rahmenbedingungen zu schlecht. Es war zu wenig Platz und die Luft war katastrophal. Das Hotel stand zwischen Bahnhof und Opernhaus. Die Dampflok fuhr regelmäßig vorbei. Wenn man das Fenster dort auf Kipp hatte, konnte man am nächsten Morgen seinen Namen auf der Fensterbank in den Ruß schreiben.

Hersbruck war eine gute Alternative. Da gab es auch noch Mitarbeiter, die man in Nürnberg nur noch schwer fand. So kam es, dass das Unternehmen heute ins Hersbruck seinen Sitz hat. Begonnen hatten wir damals mit Produkten aus Holz wie beispielsweise Zahnstocher. Das lief erstaunlich gut. Dann kamen Kunststoffdosen hinzu und mit ihnen auch die Kunststofffertigung. Im Weiteren handelte er mit Frühstücksbrettchen. Die Nachfrage und damit dann auch die Menge war so groß, dass er eine Maschine, eine große Schiebe-Säge, kaufte. Auf dieser musste man nicht mehr einzeln Frühstücksbrettchen heruntersägen, sondern man konnte gleich zehn Platten einlegen und der Automatisierungsrad war deutlich höher. Wir haben damals Millionen von diesen Frühstücksbrettchen verkauft. Da die Maschine diese Menge an Frühstücksbrettchen aber binnen eines Tages herstellen konnte, machte man sich Gedanken, was man noch produzieren könnte. So kam man auf die Idee aus den Holzplatten Schränkchen zu produzieren. Man fertigte dann Unterschränke für das Badezimmer. So entstanden als zweites Standbein die Badezimmermöbel.

Marco Henry Neumueller: Mit Martin Strack leitet seit etwa zwei Jahren zum ersten Mal ein familienfremder Manager als CEO die Geschicke des Unternehmens. Wie kam es dazu? Soweit mir bekannt ist, ist mit Ihrer Tochter Saskia Fackelmann auch die 4. Generation als Corporate Influencerin (Instagram: @homemadebysaskia) aktiv.

Alexander Fackelmann: Grundsätzlich muss ich vorwegschicken, dass hier mein Leitspruch lautet, dass Blut nicht generell dicker ist als Wasser, sondern die Geschäftsführung muss der/die Beste übernehmen. Ich sehe das recht nüchtern. Natürlich gehört der Familie das Unternehmen, aber im Grund muss man das Unternehmen wie eine Kuh betrachten, die Milch gibt. Deswegen muss das Unternehmen im Mittelpunkt stehen. Wenn ich das tue, muss ich für das Unternehmen auch die beste Führung auswählen. Dann kann ich dabei keine Rücksicht auf Familie, Kinder, Schwiegersöhne oder Schwiegertöchter nehmen.

Martin Strack war kein Unbekannter. Meine Tochter kannte Martin schon mehr als ein Jahrzehnt und hatte den Kontakt dauerhaft gehalten. Sie kannte ihn als erfolgreichen Investmentbanker und dann gab es einen Zeitpunkt, an dem das Investmentbanking auch mal weniger interessant wurde. Martin sprach mich an, ob es nicht eine Möglichkeit bei Fackelmann gebe, auch mal das reale Business kennenzulernen. Glücklicherweise konnten wir ihn dann überzeugen, dass auch die Tätigkeit in einem Familienunternehmen reizvoll sein kann. Der damalige Chief Sales and Marketing Officer, Herr Dr. Metz, hat sein Potential erkannt und ihn auch sofort eingebunden. Als Investmentbanker hat Martin dann eine Chance für einen Unternehmenskauf in Australien gesehen, bei der wir dann zugeschlagen haben. Das Unternehmen war seinerzeit eher ein Sanierungsfall in Australien und machte keine Gewinne. Martin ging nach Australien und begab sich mitten rein als lebendes Vorbild – was ein mittelständischer Unternehmer immer auch sein sollte. Er schaffte mit großem Erfolg den Turnaround und das Unternehmen prosperierte danach wieder richtig. Die alten Vorstände saßen zu Beginn in ihrem Glaskasten, bis sie dann sukzessive auch mit unserem Team arbeiten wollten, obwohl es deutlich zeitintensiver wurde. Aber man wollte dann auch auf der Welle des Erfolgs reiten und so ist es bis heute ein sehr positives Beispiel, was man bewegen kann, wenn man sich mitten reinbegibt.

Als das Business dort erfolgreich aufgestellt war, habe ich Martin gebeten, doch bitte wieder zurückzukommen. Er wurde dann zunächst Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing und danach CEO. Er ist mittlerweile auch schon neun Jahre an Bord.

Zu meiner Tochter: Sie ist etwas jünger als Martin, hat drei Kinder im Alter von zwei, vier und sechs. Das sind natürlich andere Voraussetzungen. Sie hat einen BWL-Hintergrund und bei uns die Dr. Oetker Backformen entwickelt, nachdem wir das Unternehmen gekauft haben. Seit dem Kauf haben wir den Umsatz mehr als verdreifachen können. Daran hat meine Tochter einen großen Anteil. Dann kamen irgendwann die Kinder. Nun kümmert sie sich nicht nur um die Kinder, sondern ist auch als Influencerin aktiv und macht das auf einem sehr professionellen Niveau. Wenn ihre Kinder älter sind, wird man sehen. Ich freue mich grundsätzlich immer, wenn Familienmitglieder auf einer Ebene, die sie dann auch beherrschen, einsteigen und den Wagen mitziehen. Ich finde es immer besser, wenn sie nicht nur oben aufsitzen wollen und andere ziehen, sondern wenn sie sich selbst aktiv einbringen und ihr Bestes geben.

Martin Strack (Bildmitte): Wenn ich hier noch ergänzen darf: Saskia Fackelmann ist mit mir damals zeitgleich im Unternehmen gestartet und übernahm eine Rolle im Marketingteam, die sie hervorragend ausfüllte. Irgendwann stand dann aber die Familienplanung an. Damit verfügt sie über wichtige Kompetenzen und hat Ahnung vom Tagesgeschäft. Das ist in jedem Fall hilfreich, ganz egal, ob man später in die Geschäftsführung einsteigt oder als Gesellschafter Anteile am Unternehmen hält. Dann gibt es in der vierten Generation auch noch den Sohn von Herrn Fackelmann, Sebastian Fackelmann, der sich gerade im Studium befindet. Wenn alles vernünftig verläuft, wovon wir heute ausgehen dürfen, wird er seinen Weg dann sicherlich auch ins Unternehmen finden.

Alexander Fackelmann: Noch einen Satz zu meinem Sohn: Das ist ein Digital-Freak, er studiert an der ESCP, einer Kaderschmiede in Frankreich. Er hatte sich aber in Berlin beworben, war jetzt ein Jahr lang in Paris und jetzt noch ein Jahr in Turin und dann noch zwei Jahre in Berlin, um seinen Master dort zu machen. Er wird dann sicherlich erst außerhalb vom Unternehmen irgendwo arbeiten und dann zu gegebener Zeit im Unternehmen einsteigen. Das ist auch sein größter Wunsch. Er hat einen guten Geschäftssinn. Schon als Schüler hatte er immer wieder kleinere Geschäftsideen, mit denen er sein erstes Geld verdiente.

Marco Henry Neumueller: Herr Strack, kaum wurden Sie im Jahre 2020 CEO, hat Fackelmann 2021 den Rekordumsatz von einer halben Milliarde Euro geknackt. Was ist Ihre Vision für das Unternehmen in der Zukunft und welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Fackelmann?

Martin Strack: Fackelmann hat sich seit Bestehen gut entwickelt. Von einem fast niedrigen zweistelligen Millionenbereich sind wir mittlerweile im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Die halbe Milliarde Umsatz war eine historische Marke für uns. Man muss aber ehrlich sein, hier haben wir auch etwas von dem durch die Pandemie bedingten Homing-Effekt profitiert. Das haben wir dieses Jahr nicht. Wir sind aktuell dabei, durch neue Innovationen und Initiativen den Umsatz zu halten und nach Möglichkeit auch weiter auszubauen. Als Visionen für das Unternehmen haben wir verschiedene Dinge im Auge. Zum einen wollen wir auf der Umsatzseite weiterhin gesund wachsen. Man würde natürlich erwarten, dass man die 1 Mrd. Umsatzmarke anpeilt und natürlich wäre das der Traum, aber mit etwas Demut betrachtet ist eine Verdopplung des Umsatzes nichts, was von heute auf morgen passieren wird und insbesondere gerade nicht in diesen Zeiten. Aktuell muss man eher froh sein, wenn man das aktuelle Umsatzniveau halten kann. Aber ganz grundsätzlich kann ein Unternehmen, und damit auch wir, nur Erfolg haben, wenn es wächst. Wenn man sich die aktuelle Umsatzverteilung ansieht, dann kommen etwas mehr als 30 Prozent aus dem DACH-Raum und den Rest erwirtschaften wir international. Das Ziel wird sein, auch weiterhin sowohl im DACH-Raum als auch international zu wachsen und sich weiter zu diversifizieren. Da gibt es sicherlich noch die ein oder andere Region auf der Welt, in der wir noch deutlich schneller wachsen können. Aktuell haben wir Amerika im Fokus. Dort haben wir unser letztes Investment getätigt. Walmart ist aktuell der größte Kunde und das wollen wir weiter ausbauen.

Was für uns wichtig ist und in unseren Statuten auch so geregelt: Wir wollen langfristig ein Familienunternehmen bleiben. Es gibt keinerlei Ambitionen andere Finanzinvestoren an Bord zu holen oder das Unternehmen an die Börse zu bringen. Wenn man ehrgeizige Wachstumspläne hat, muss man gleichzeitig auch eine gewisse Profitabilität sicherstellen, um das weitere Wachstum finanzieren zu können, da wir das durch Eigenmittel finanzieren wollen. Andere Unternehmen, hinter denen ein PE-Investor steht, oder welche gar selbst an der Börse notiert sind, haben einen ganz anderen Handlungsspielraum. Das erfordert von uns ein hohes Maß an Disziplin, da wir uns nicht einfach irgendwo Kapital holen können und wollen. Trotz dieser Herausforderungen glauben wir daran, das Unternehmen in die nächste Generation weitergeben zu können.

Wenn ich mich für einen Moment lediglich auf unser Haushaltsgeschäft beschränke, was unser internationales Geschäft im Wesentlichen auch ist, wollen wir hier in der Zukunft in weiteren Kategorien in den nächsten zehn Jahren wachsen. Wir kommen ursprünglich aus dem Küchenhelfer-Bereich und haben vor etwa 15 Jahren die Backformen in unser Portfolio aufgenommen. Aktuell sind wir dabei, auch Töpfe und Pfannen in das Sortiment in Europa aufzunehmen. In anderen Bereichen bieten wir Elektro-Kleingeräte an. Ich glaube jedenfalls, dass wir vom Sortiment zukünftig noch breiter aufgestellt sein wollen und das auch mit starken Marken. Wir investieren recht viel in unsere Marken. Weltweit haben wir über 20 Marken im Portfolio, größere und kleinere, und dabei gehen wir mit großer Stringenz vor.

Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns ein sehr wichtiges. Wir denken Nachhaltigkeit in drei Säulen. Zum einen in Bezug auf die Produktmaterialien, was wir dann auch gegenüber dem Endverbraucher kommunizieren. Der Nachfrage bei Verbrauchern nach nachhaltigen Produkten hat massiv zugenommen. Zweitens betrachten wir unsere Produktionsprozesse. Wir wollen möglichst energieeffizient produzieren und ressourcenschonend. Drittens, und da sehen wir uns gerade als Familienunternehmen verpflichtet, soll unsere Mitarbeiterführung nachhaltig sein. Das fängt an den Produktionsstandorten in China oder Indien bei den Arbeitsbedingungen an – es versteht sich von selbst, dass wir Kinderarbeit ablehnen –; hier wollen wir Top-Bedingungen bieten. Aber auch hier in Deutschland, wo die Produktionsbedingungen in aller Regel ausgezeichnet sind, denken wir an eine langfristige Betriebszugehörigkeit. Unsere Mitarbeiter sind im Durchschnitt 13 bis 14 Jahre bei Fackelmann. Wir sind stolz auf unsere Geschäftsführer, die teilweise schon 20 oder gar 30 Jahre bei uns sind.

Marco Henry Neumueller: Fackelmann ist in der Vergangenheit mit einigen Unternehmenszukäufen aufgefallen. Werden Sie auch weiterhin auf anorganisches Wachstum setzen?

Martin Strack: Unser Wachstum war in der Vergangenheit immer sowohl organisch als auch anorganisch. Wenn ich in die jüngste Vergangenheit blicke, war unser Wachstum in den letzten zwei Jahren eher organisch, aber das ist jahresspezifisch zu betrachten. Wir werden bei Fackelmann aber auch in Zukunft spannende Unternehmen zukaufen. Das ist sicherlich auch, wenn bestimmt nicht ausschließlich, ein Grund, warum ich seinerzeit zu Fackelmann gekommen bin. Das war immerhin mein alter Job und da konnte ich eine gewisse Expertise mitbringen. Fackelmann hat aber natürlich auch schon vor meiner Zeit Akquisitionen getätigt

Marco Henry Neumueller: Wenn man sich Ihre Vita ansieht, Herr Strack, haben Sie Ihre berufliche Karriere im Investment Banking bei einer sehr renommierten Adresse gestartet. Was reizte Sie seinerzeit an Fackelmann?

Martin Strack: Sie können sich vorstellen, dass einige meiner Freunde, die seinerzeit auch in ähnlichen Positionen im Finanzbereich tätig waren, völlig überrascht reagierten. Ich war knapp acht Jahre in London und New York. Ich habe ganz klassisch auf der Wallstreet gearbeitet. Während der Lehmann Borthers Krise habe ich auch live vor Ort aus dem Office heraus beobachten können, wie man die Kartons aus dem Büro trug. Natürlich war das eine spannende Zeit, die ich nicht missen möchte. Ich habe mir gewisse Fähigkeiten angeeignet, sei es im Bereich M&A, Analytik oder auch eine besondere Arbeitsmoral. Irgendwann fiel mir auf, dass meine Lernkurve abnahm und der Hype um das Investmentbanking abflachte, wenngleich man verstehen muss, dass man auch hier immer gewisse Zyklen durchlebt. Irgendwann habe ich dann für mich beschlossen, dass ich die operative Seite kennenlernen möchte, um auch dort eine Expertise vorweisen zu können. Mir war durchaus klar, dass ich hier nochmals ein paar Jahre investieren muss; das war sicherlich mit 32 keine ganz leichte Entscheidung, da ich zunächst erst wieder ein paar Schritte zurückgehen musste – im Sinne der Verantwortung und auch im Verdienst.

Mittlerweile bin ich über neun Jahre bei Fackelmann und damit sogar schon ein Jahr länger als ich bei Morgan Stanley war. Insofern ging meine Vision schlussendlich auf. Ich durfte hier viele neue Dinge lernen und lerne heute noch jeden Tag dazu. Ich würde keineswegs behaupten, dass ich heute alles kann oder alles weiß. Das Leben ist eher ein ewiges Lernen. Aber ich schätze meine Aufgabe hier und durfte schon sehr früh richtig mitanpacken, so dass ich seither keinen Tag bereue.

Marco Henry Neumueller: Herr Fackelmann, welchen Rat geben Sie anderen Unternehmerfamilien, die auch darüber nachdenken, ob Sie die Geschäftsführung in die Hände eines Fremdmanagements legen sollen?

Alexander Fackelmann: Ich will es mal so formulieren: Wenn man sich als Familie zu weit entfernt, ist es sicherlich schlecht für das Unternehmen. Man sollte als Eigner auch noch etwas Ahnung haben. Wenn die Expertise über die Generationen verlorengeht, sollte man zumindest noch eine Vorbildfunktion einnehmen. Dasselbe gilt dann auch für das externe Management. Es muss in jeden Fall ein Fremdmanager sein, der eben diese Vorbildfunktion übernimmt. Wenn wir das am Beispiel von Martin Strack festmachen, dann erfüllt er genau diese Funktion. Ich hatte vorher erwähnt, wie er nach Australien ging. Wenn man bedenkt, dass das Management dort bis zu seiner Ankunft meist relativ spät erst in die Firma kam und schon recht früh wieder das Unternehmen verlassen habt und man zumeist im Elfenbeinturm saß, hat die Vorbildfunktion hervorragend gewirkt. Martin Strack hat sich seinerzeit bewusst nicht in den Glasturm gesetzt, sondern mitten ins Großraumbüro mit einem kleinen Schreibtisch. Er fuhr auch ein deutlich kleineres Firmenfahrzeug als so mancher Marketingmanager. Er fing früher an zu arbeiten und hörte später auf; und plötzlich waren auch alle anderen Manager anwesend. Nun ist Martin Strack. In der aktuellen Work-Life-Balance-Gesellschaft ist das sicherlich nun verpönt. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wenig(er) arbeiten, nur Home Office etc. – das sind alles Errungenschaften unserer aktuellen Zeit, aber per se kein Garant für Erfolg. Erfolg erzielt man nur mit Passion, Einsatz und viel Liebe für seinen Job. All das sollte man vorleben, auch als Fremdmanager in einem Familienunternehmen.

Ein weiterer Rat: Man sollte nicht glauben, dass nur Mitglieder der Familie die besten Manager sind. Man sollte hier offen sein und den oder die Beste suchen. Zeitgleich sollte sich aber auch die Familie positiv einbringen. Wenn sie das nicht kann, sollte sie sich besser aus der operativen Führung fernhalten. Wenn aber Fähigkeit und Passion vorhanden sind, dann sollte man den Wagen auch mitziehen und nicht nur oben aufsitzen. Es muss ja nicht unbedingt immer gleich die CEO-Position sein. Ich rate jeder Unternehmerfamilie einen nicht zu großen Druck auf die Kinder auszuüben. Auf der anderen Seite sollte man den Kindern aber auch zeigen, dass man sich freut, wenn sie mit Leidenschaft Interesse am Unternehmen haben und die Fähigkeit besitzen, eine Funktion zu übernehmen. Dann sollte man sie auch einen Beitrag leisten lassen. Wichtig ist, dass sich Leistung lohnt. Es kann nicht sein, dass jemand, der 15 Jahre Urlaub macht das Gleiche bekommt wie jemand, der 15 Jahre schuftet und Leistung bringt. Einsatz muss sich lohnen. Das heißt auch, dass man einen Fremdmanager, der den Wagen zieht, dann auch zum Mitgesellschafter macht. Da erweitere ich gerne den Gedanken von Blutsfamilie auf Firmenfamilie, denke aber auch da dynastisch und langfristig. Es geht um Wissensaufbau und Know-how und nicht um das Hire-und-Fire-Prinzip. Man darf nicht vergessen, dass wir in unserem Unternehmen viele langgedienten Mitarbeiter haben und darauf sind wir stolz. Natürlich tut hin und wieder auch etwas frischer Wind gut. Wir haben durchaus aber auch Beispiele, in denen die Eltern und Kinder hier im Unternehmen tätig sind und in einem Beispiel sogar die Enkel, als drei Generationen.

Martin Strack: Wenn ich hier vielleicht noch ergänzen darf. Es ist sicherlich auch irgendwo ein Zufall, dass ich Herrn Fackelmann kennenlernen durfte – und das schon in einer Zeit, bevor ich überhaupt mit dem Gedanken gespielt habe, in das Unternehmen einzusteigen. So konnte man sich viel entspannter kennenlernen. Ich habe ihn immer als exzellenten Unternehmer geschätzt und ihn auch als Vorbild gesehen, von dem ich noch viel lernen konnte. Natürlich habe ich gehofft, dass man sich auch im unternehmerischen Kontext und persönlich gut versteht. Gerade als Fremdmanager ist das Verhältnis zur Eigentümerfamilie sehr wichtig. Dass ich heute hier bin, hat auch sehr viel mit der Person Alexander Fackelmann und seiner Tochter zu tun.

Marco Henry Neumueller: Herr Strack, bitte vervollständigen Sie den Satz: An Familienunternehmen fasziniert mich…

Martin Strack: …das geordnete Chaos [lecht]. Spaß beiseite. An Familienunternehmen fasziniert mich diese unternehmerische Tätigkeit. Dass man quasi an einer Stellschraube dreht und dann oft relativ schnell das Resultat sehen kann. Vergleicht man das mit größeren Konzernen, passiert es schnell, dass man nur noch in Gremien denkt. Natürlich trifft man auch da strategische Entscheidungen, sieht die Auswirkungen aber vielleicht deutlich später und sieht den direkten Bezug gar nicht so deutlich. In einem Familienunternehmen kann man immer wieder auch als Unternehmer, wie ich mich auch verstehe, neue Projekte an sich ziehen. In einem größeren Unternehmen, in dem man dann eine spezifische Aufgabe hat, kann man vermutlich weniger flexible und unternehmerisch tätig sein. In Familienunternehmen kann man wesentlich mehr out-of-the-box denken und das unterstreicht den Innovationscharakter von Familienunternehmen und Mittelständlern und macht sie gerade stark. Und zu guter Letzt reizen mich die schnellen Entscheidungswege.

Marco Henry Neumueller: Herr Fackelmann, Herr Strack, ich danke Ihnen sehr herzlich für dieses offene und kurzweilige Gespräch.

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