von RA/StB Dr. Karin Ebel, Geschäftsführende Gesellschafterin von ebel&team in Köln.
Die meisten Familienunternehmen haben einen Beirat, der bereits vor vielen Jahren implementiert worden ist. Insbesondere in den vergangenen 25 Jahren wurden Beiräte im Rahmen von Nachfolgeprozessen oder aufgrund eines zunehmend größer werdenden Gesellschafterkreises eingerichtet. Doch wie gut ist Ihr Beirat? Und könnte er Sie gegebenenfalls noch besser unterstützen als bisher? Diese Fragen stellen sich nicht wenige Gesellschafterfamilien, da dem Beirat in der gegenwärtigen herausfordernden wirtschaftlichen Situation eine besondere Bedeutung zukommt. Doch wie können Sie das angehen? Nachfolgend zeigen wir Ihnen, wie Sie die Verbesserungspotenziale nicht nur erkennen sondern auch nutzen können und lassen Sie teilhaben an unseren Erfahrungen.
Rückblick und Ausblick sind wichtig
Für die Einschätzung und die Verbesserung der Zusammenarbeit des Beirats sind zwei unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits erfolgt ein Blick in die Vergangenheit zum Startpunkt des Beirats, d. h. „Warum haben wir damals einen Beirat installiert? Welchen rechtlichen Rahmen haben wir ihm im Gesellschaftsvertrag bzw. der Beiratsordnung gegeben?“. Andererseits ist ein Blick nach vorne wichtig, d.h. welche Erwartungen haben die Gesellschafter an ihren Beirat mit Blick auf die Zukunft? Dabei stellt sich häufig heraus, dass die Erwartungen beim Start des Beirats nicht mit den Erwartungen für die zukünftige Arbeit des Beirats identisch sind. So macht es einen deutlichen Unterschied, ob Sie mit einem Notfallbeirat gestartet sind, der beim Ausfall des allein geschäftsführenden Gesellschafters wichtige Aufgaben hätte übernehmen müssen und gegenwärtig aufgrund der Zersplitterung der Gesellschaftsanteile (mit operativ tätigen und nicht tätigen Gesellschafter) schnelle und gute Entscheidungen des Beirats erwartet werden. Denn ein Notfall-Beirat ist in der Regel ein beratendes Gremium, das im Notfall „scharf geschaltet“wird, während bei einer Zersplitterung der Gesellschaftsanteile ein Beirat mit wesentlichen Entscheidungskompetenzen gefragt ist. Wird dieser Wechsel in den Erwartungen an den Beirat nicht berücksichtigt, ergibt sich automatisch eine unbefriedigende Situation für beide Seiten. Die Gesellschafter sind enttäuscht oder überfordert, dass sie in einem größeren Gesellschafterkreis wesentliche Entscheidungen treffen müssen und der Beirat nur Empfehlungen abgibt. Und der Beirat fühlt sich aus demselben Grund machtlos, weil er wichtige Entscheidungen nicht umsetzen kann. In der Praxis sehen wir, dass häufig der Fokus auf dem Austausch von einzelnen Beiratsmitgliedern liegt, obwohl die Unzufriedenheit in der Struktur und möglicherweise gar nicht in der personellen Besetzung liegt. Deshalb ist es wichtig zuerst die Struktur in Form von „Wo sind wir gestartet? Und wo wollen wir hin?“ zu überprüfen.
Was erwarten wir in der Zukunft von unserem Beirat?
Hier ist die Gesellschafterfamilie gefragt, die insbesondere ihre Ziele im Hinblick auf das Unternehmen und ihre Gesellschafterrolle gemeinsam festlegen muss. Eine Familienverfassung kann dabei als Basis dienen. Wichtig ist darüber hinaus, dass die Beiräte eine Antwort auf die wesentlichen Fragen und die Haltung der Familie in dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld bekommt, z.B. zur Bedeutung des Standorts. Nur dann können die Beiräte ihre Tätigkeit im Sinne des Unternehmens und der Familie ausfüllen.
Passt das gegenwärtige Beiratsmodell?
Sobald die Erwartungen der Gesellschafterfamilie geklärt sind, ist das gegenwärtige Beiratsmodell auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen. Hier sind mit Blick in die Zukunft u.a. folgende Punkte zu klären:
• Aufgaben des Beirats (z.B. Beratung, Entscheidung, Schlichtung),
• Zusammensetzung (Anzahl der Beiratsmitglieder, Verhältnis interne/externe Mitglieder, Wahl/Entsendung)
• interne Zusammenarbeit im Beirat (z.B. Anzahl und Ablauf der Sitzungen, Umfang und Inhalt der Unterlagen).
Darüber hinaus ist zu klären, was gegenwärtig gut läuft und was nicht. Hier können insbesondere negative Abläufe, die sich eingeschlichen haben („geübte Praxis“) oder auch schlechte Kommunikationswege oder -formen korrigiert werden. Doch wie kann ein ehrlicher Status quo unter Einbeziehung aller Beteiligten erarbeitet werden?
Erarbeitung eines Zukunftsmodells für den Beirat
Für einen ehrlichen Status quo setzen wir auf vertrauliche Einzelgespräche mit allen Beiratsmitgliedern, Gesellschaftern und der Geschäftsführung. Dieser Kreis wird individuell ermittelt und gegebenenfalls durch weitere Personen ergänzt (z.B. wesentliche leitende Mitarbeiter, Ehegatten von Gesellschaftern oder Mitglieder der NextGen). Bei den Einzelgesprächen arbeiten wir mit einer Agenda, die eine Vielzahl von Fragen enthält, die wir zur Einschätzung und zukünftigen Ausrichtung des Beirats benötigen. Dabei arbeiten wir mit qualitativen und quantitativen Methoden. Insbesondere der quantitative Bereich mit einer persönlichen Einschätzung („Wie wichtig ist …?“ und „Wie gut sind wir bei …?“) auf einer Skala von 1-5 erlaubt es uns, Bereiche aufzudecken, die nicht optimal aufgestellt sind, ohne die Vertraulichkeit aus den Einzelgesprächen zu verletzen. Die Auswertung des quantitativen Bereichs – mit einer Verprobung durch den qualitativen Teil – und einer anschließenden Überführung in eine Matrix zeigt klar, bei welchen wichtigen Themen der Beirat gut und wo er weniger gut ist.

Die Matrix erlaubt es uns, unser Augenmerk auf wichtige Themen, die nicht gut laufen, zu fokussieren. Hier liegt ein klares Verbesserungspotenzial, zu dem wir konkrete Verbesserungsvorschläge machen. In einigen Fällen ist auch eine Empfehlung enthalten, den Beirat gegebenenfalls um eine weitere Person zu erweitern, damit die Beiratskompetenz um ein neues Themengebiet erweitert wird. In seltenen Fällen wird auch die Neubesetzung einzelner Beiratspositionen angeregt – dies wird allerdings zuerst im inneren Kreis mit den Gesellschaftern besprochen.
Die Auswertung sowie unsere Verbesserungsvorschläge stellen wir in einem gemeinsamen Gespräch allen Beteiligten gemeinsam vor. Wir diskutieren und verabschieden die Ergebnisse und legen die nächsten Schritte auf einer Zeitschiene fest („nicht alles auf einmal „).
Sämtliche Ergebnisse aus dem qualitativen und quantitativen Bereich sowie die Verbesserungsvorschläge und deren zeitlichen Umsetzung fassen wir in einem Abschlussbericht zusammen. Damit hat die Gesellschafterfamilie mit ihrem Beirat einen klaren Fahrplan, um die Potenziale ihres Beirates zu nutzen.
Fazit
In vielen Beiräten liegt ein erhebliches Verbesserungspotenzial. Es wird nur häufig nicht genutzt, weil sich weder der Beirat noch die Gesellschafterfamilie Zeit dafür nehmen, sich über die zukünftige Ausrichtung des Beirats Gedanken zu machen. Allein die Diskussion über die qualitativen und quantitativen Ergebnisse führt zu einem neuen Impuls innerhalb des Beirats und bringt neue Ansätze hervor. Nutzen Sie das Verbesserungspotenzial ihres gegenwärtigen Beirats, bevor sie über einen Austausch von Beiratsmitgliedern nachdenken. Denn nur eine „richtige“ zukünftige Ausrichtung Ihres Beirates führt zu Verbesserungen – die richtige personelle Besetzung ist nur ein Teil davon.
Gerne stellt Ihnen Dr. Karin Ebel ihr Vorgehen anhand von verschiedenen Beispielen dar. Sie können sie auch am 7. November in Düsseldorf beim INTES Unternehmer Dialog „Wie gut ist er Beirat?“ treffen.
Über die Autorin
Dr. Karin Ebel ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin mit einem langjährigen persönlichen Fokus auf Familienunternehmen und Family Offices. Sie hat bereits mehr als 200 Unternehmer(familien) begleitet insbesondere bei den Themen Familienverfassung und Nachfolge inkl. der rechtlichen Umsetzung und steuerlichen Optimierung.
Karin Ebel ist Mitglied in verschiedenen Beiräten von Familienunternehmen und eine gefragte Referentin auf Veranstaltungen und Tagungen im In- und Ausland. Ihr gelingt die Balance zwischen Sachkompetenz und einem Verständnis für emotionale Situationen, so dass ein jeweils maßgeschneidertes Konzept für die Familie entsteht.