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Bei neuen Gesetzen fühlen sich Familienunternehmen vergessen

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Es steht die Frage im Raum, ob die Politik rechtzeitig Kontakt zu Unternehmen sucht, bevor sie neue Vorschriften erlässt. Mittelständische Unternehmen verneinen dies und fordern einen Test zur Abschätzung der Konsequenzen.

Gemeinhin gilt der deutsche Mittelstand als das Rückgrat der Wirtschaft. Die große Mehrheit der Unternehmen befindet sich in Familienbesitz und ist meist seit Jahrzehnten besonders erfolgreich.

Allerdings gibt es ein Problem: Die Unternehmen des deutschen Mittelstands sind meist größer als ihre europäischen Pendants. Nicht selten arbeiten mehr als 250 Mitarbeiter für diese Unternehmen und sie erwirtschaften dann auch mehr als € 50 Millionen Umsatz pro Jahr. Dann gehören sie aber nach der EU-Definition nicht mehr zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). In der Folge sind die Bürokratielasten und gesetzlichen Anforderungen so hoch wie bei großen Kapitalgesellschaften, obwohl es sich – analog zu kleineren Betrieben – um familiengeführte Unternehmen handelt. Im Zweifel fallen sie auch bei der Forschungsförderung durch das Raster.

„Gesetze, die in der Vergangenheit mit Blick auf Großkonzerne gemacht wurden, können gravierende Auswirkungen auf Familienunternehmen haben. Der Gesetzgeber sollte deswegen prüfen, ob Familienunternehmen durch gesetzliche Maßnahmen betroffen sind.“

Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen

Die Stiftung Familienunternehmen schlägt als Lösung einen sogenannten Familienunternehmen-Test vor, mit welchem sich die Folgen von neuen Vorschriften oder Gesetzesänderungen in ihrer Auswirkung auf Familienunternehmen überprüfen lassen.

Der vom Münchner Rechtsprofessor Mathias Habersack entwickelte „Familienunternehmer-Test“ ist für die deutsche und europäische Gesetzgebung konzipiert. Dieser Test wurde analog zum SME-Test („Small and Medium-sized Enterprises) auf EU-Ebene entwickelt. In Deutschland wird seit 2016 der sogenannten KMU-Test durchgeführt, welcher bei der Vorbereitung von Gesetzen beispielsweise nach Belastungen durch hohe Investitionskosten oder steigende Produktionskosten fragt.

Die Familienunternehmen halten das Schema der gängigen Tests für unpassend. Habersack fordert, dass vielmehr „größenunabhängige Besonderheiten“ in den Fokus rücken müssten.

Als ein Beispiel für ein Gesetz, welches sich besonders negativ auf Familienunternehmen auswirkt, wird das Steuerrecht genannt. Unternehmen, die Kredit aufnehmen, können grundsätzlich die Kosten dafür als Betriebsausgaben absetzen. Familienunternehmen hingegen, welche die Investitionen über das Eigenkapital oder über thesaurierte Gewinne finanzieren, profitieren davon dann nicht. Die nachhaltige Art der Finanzierung stellt sie im Wettbewerb schlechter.

Man mag hier kritisch anmerken, dass jedes Unternehmen selbst für sich entscheiden könne, ob es Kredite aufnimmt oder nicht. Wer aber das Eigentum am Familienunternehmen erhalten will, scheut für gewöhnlich die Abhängigkeit von Banken.

Ein weiteres Beispiel sei die gesetzliche Geschlechterquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten. Das greife doch tief in die Autonomie der Gesellschaft ein und kann nicht zuletzt auch zu Problem führen, wenn es im Kreise der Familie nur Töchter oder Söhne gebe.

Der nun entwickelte Familienunternehmen-Test soll konkret die Frage stellen, ob sich bei neuen Gesetzen eine besondere Betroffenheit ergibt mit Blick auf die Bereiche Corporate Governance der Gesellschaft, die Generationenfolge, eine mögliche Fremdverwaltung eines Gesellschafteranteils, die Publizität von Unternehmenskennzahlen und sonstige Informationen, die Finanzierung des Unternehmens oder die Mobilität der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter.

Im Rahmen der Umsetzung wird angeregt, dass künftig das federführende Ministerium das Wirtschafts- und Justizministerium informiert, sollte der Test eine spezifische Betroffenheit anzeigen. „Sodann kann gemeinsam nach Maßnahmen zur strukturellen Gleichbehandlung der Familiengesellschaften mit den Nicht-Familiengesellschaften gesucht werden“ – so der Wortlaut des Konzepts. Denkbare Maßnahmen der Entlastung wäre Ausnahmen, Übergangsfristen oder gar Befreiungstatbestände.

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