Thorsten Klinkner

Strategischer Vermögensschutz: Unternehmensfortführung mit Familienstiftungen

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von Thorsten Klinkner, Gründer und geschäftsf. Gesellschafter der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft UnternehmerKompositionen GmbH in Meerbusch

Die unternehmensverbundene Familienstiftung hilft beim transgenerationalen Unternehmenserhalt. Damit schafft sie eine stabile Basis für Erhalt und Weiterentwicklung des unternehmerischen Vermögens.

Die Zahlen sind positiv: Im Jahr 2021 sind in Deutschland 863 neue Stiftungen gegründet worden, 473 davon sind steuerbegünstigt. Für den Stiftungssektor in Deutschland bedeutet das einen Zuwachs von 3,2 Prozent (2020: 2,8 Prozent). Insgesamt gibt es in Deutschland jetzt 24.650 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts. Die Interessen der Stiftungsgründung reichen vom Schutz des Familien- oder Unternehmensvermögens, über die Verhinderung einer Vermögenszersplitterung in der Generationenfolge bis hin zur neuen Schaffung von Vermögen und gemeinnützigen Zwecken.

Was passiert, wenn sich kein Gesellschafter-Nachfolger findet?

Stiftungen spielen in diesem Zusammenhang insbesondere in der Unternehmensnachfolge eine immer größere Rolle. Zahlreiche Unternehmer suchen eine Nachfolgelösung für ihre Unternehmen, das trifft vor allem auch Familienunternehmen. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass der größte Antrieb der Unternehmer vor allem der Erhalt der Unternehmenssubstanz als Ganzes und die Absicherung der Familie ist. Die sprichwörtliche „Sintflut nach mir“ ist den Gesellschaftern gerade nicht egal. Ihnen geht es um den Schutz und die Weiterentwicklung des Unternehmens im Sinne der generationenübergreifenden Unternehmensfortführung. Die aufgebaute Substanz soll erhalten und zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. In diesem Kontext wird daher auch oft von „Zukunftssicherung“, „Unternehmenserhalt“ und „Vermögensschutz“ gesprochen.

Eigentümer setzen somit viel daran, dass das Familienvermögen nicht zersplittert oder geschädigt werden kann – weder durch Streitigkeiten, nachteilige Schenkungen/Erbschaften, feindliche Übernahmen, Scheidung, ungünstige steuerliche Lösungen noch die Angst vor Verantwortung. Daher steht für diese Familien der Begriff der „Asset Protection“ ganz oben auf der Agenda, also der umfassende Vermögensschutz vor allem mit Blick auf das Unternehmen.

Das Ziel ist es, eine Brandmauer um das unternehmerische Vermögen zu ziehen und Weiterentwicklung und Erhalt des Vermögens auf einer stabilen Basis zu ermöglichen. Denn eine große Frage treibt viele Unternehmer um: Was passiert, wenn sich kein Gesellschafter-Nachfolger findet oder die Erben unvorteilhaft mit den erworbenen Anteilen umgehen? Und ebenso wichtig ist es vermögenden Familien, den inneren Frieden über die verschiedenen Stämme und Generationen hinweg zu erhalten.

Unternehmensverbundene Stiftung steht an der Spitze einer Gesellschaftsgruppe

Die Unternehmensfortführung mit Hilfe einer Familienstiftung hat sich zu einem attraktiven Instrument auch im Mittelstand entwickelt. Mehr und mehr Familienunternehmer setzen auf die unternehmensverbundene Familienstiftung. Denn keine Rechtsform bietet ähnliche Chancen und Vorteile zum langfristigen Vermögensschutz. Vor allem in Form der sogenannten Beteiligungsträgerstiftung spielt sie ihre Stärken aus. Dabei hält eine rechtsfähige Stiftung im Rahmen ihres Stiftungsvermögens in der Regel alle oder wesentliche Gesellschaftsanteile an einem Unternehmen und kann sich gleich einer Holdinggesellschaft an Unternehmungen beteiligen, ohne selbst operativ tätig zu sein. Die Rolle der Stiftung ist also die der Gesellschafterin. Sie hat keine Eigentümer, Gesellschafter oder Mitglieder.

Das Grundmodell der unternehmensverbundenen Stiftung mit dem Fokus auf die Form einer Beteiligungsträgerstiftung stellt sich wie folgt dar: Die Stiftung wird entweder Allein- oder Mitgesellschafterin eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe. Bei stiftungsverbundenen Unternehmen in Deutschland sind regelmäßig die Rechtsform der GmbH, AG oder GmbH & Co. KG anzutreffen. Für die Nachfolgegestaltung resultiert aus dieser Gestaltung der Effekt, dass die Stiftung als stabiler Führungsbaustein eingesetzt wird. Die Stabilität beruht auf der Tatsache, dass die Stiftung als juristische Person zeitlich unbegrenzt bestehen kann. Bei einer Beteiligung als Alleingesellschafterin kann der Stifter beispielsweise in einem Stiftungsorgan und/oder im Aufsichtsgremium des Unternehmens wie auch in der operativen Unternehmensleitung tätig sein. Gleichzeitig kann er sich auch entsprechende Rechte über die Stiftungssatzung vorbehalten.

Die Struktur der Stiftung ist damit grundsätzlich auch unabhängig von der operativen Führungsnachfolge. Ebenso lässt sie sich mit Personen- und Kapitalgesellschaften im In- und Ausland kombinieren, ebenso mit bestehenden Familiengesellschaften (Familien-KG, Familien-Pool). Die bisherigen Rechte und Pflichten können in der Stiftungssatzung einer Familienstiftung abgebildet werden.

Gerechtigkeitsproblem bei der Vermögensnachfolge lösen

Um die Anteile an der Unternehmensgruppe wirksam vor operativen Risiken zu trennen und wirksam von den persönlichen Lebensrisiken der Unternehmerfamilie zu befreien, fungiert die Familienstiftung im Regelfall als reine Finanzholding. Sie erbringt also selbst keine mit entsprechenden Haftungsrisiken verbundenen Leistungen an die Unternehmen oder Dritte. Vertragspartner für Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter sind jeweils die zum Stiftungsvermögen gehörenden operativen Unternehmen. Auf diese Weise bildet die Stiftung auch für die übrigen Anlageklassen des Stiftungsvermögens einen schützenden Mantel.

Eine Stiftung kann das Gerechtigkeitsproblem bei der Vermögensnachfolge lösen. Es entstehen beim Übergang des Vermögens auf die Stiftung keine Aufteilungsschwierigkeiten und/oder Ausgleichsansprüche. Die Unternehmensanteile werden schließlich nicht in ein Privatvermögen übertragen, verbunden mit einem Wertausgleich für die anderen Mitglieder der Familie. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile findet allein auf die Stiftung statt. Diejenigen, die im Unternehmen arbeiten, erhalten eine leistungsgerechte Vergütung, und aus den Gewinnen wird der Stiftungszweck finanziert.

Umgang mit Erträgen in der Satzung regeln

Damit ist das unternehmerische Vermögen zwar rechtlich dem Eigentum der Familienmitglieder entzogen. Die Stiftung dient aber in ihrer Struktur als unternehmensverbundenen Familienstiftung in den allermeisten Fällen auch der Absicherung der Familie. Die Erträge des Unternehmens werden über die Stiftung an die vom Stifter eingesetzten Begünstigten ausgeschüttet. Die Familienstiftung, die die familieneigene Ertragsquelle verwaltet, fungiert somit als Vehikel zur Ausschüttung regelmäßiger Erträge zur finanziellen Unterstützung und Absicherung der Familie. Diese Ausschüttungen an die Familiendestinatäre kommen einem festen Einkommen gleich, etwa aus Gesellschaftsanteilen oder Kapitalerträgen. Sie werden verbindlich in der Satzung der Stiftung festgesetzt und sind unabänderlich, falls der der Stifter dies in der Satzung so festlegt.

Gesellschaftsverträge der Unternehmensgruppe und Stiftungssatzung abstimmen

Die Stiftungssatzung ist ohnehin zentrales Gestaltungselement von großer Wichtigkeit. Damit werden Stabilität und Flexibilität nach den Wünschen des Stifters ausgestaltet. Flankierend hat es sich bewährt, die Gesellschaftsverträge der Unternehmensgruppe und die Stiftungssatzung aufeinander abzustimmen. Möchten Stifter beispielsweise nach der aktiven Zeit im Stiftungsvorstand beziehungsweise als Geschäftsführer im Unternehmen sicherstellen, dass der künftige Stiftungsvorstand nicht aktiv in die laufende Geschäftsführung der stiftungsverbundenen Unternehmen eingreift, kann dieser Punkt in die Stiftungssatzung aufgenommen werden. Gleichzeitig kann festgelegt werden, dass diese Regelung nicht per Gesellschafterbeschluss geändert werden darf.

Stiftungen können somit die Schnittstellen von Familie, Unternehmen und Vermögen sachgerecht regeln und schaffen als Ordnungsrahmen Klarheit auf der Eigentümerebene. Klarheit reduziert das Konfliktpotential, und Konflikte entstehen fast immer aus enttäuschten Erwartungen. Die Stiftung trennt die Systeme und führt auf allen Ebenen zu vorteilhaften Gestaltungen. Die Familie erfährt Unterstützung ohne Gegenleistung nach familiären Prinzipien, während im stiftungsverbundenen Unternehmen das Leistungsprinzip für jedes mitarbeitende Familienmitglied gilt. Das sichert die bestmögliche Führung losgelöst von der Zugehörigkeit zur Familie. Das Vermögen an sich wiederum wird unter den Aspekten Rendite und Schutz im Schoße der Stiftung gesteuert.

Damokles-Schwert „Erbfall im Privatvermögen“ ausschalten

Bei einer unternehmensverbundenen Familienstiftung als Beteiligungsholding fällt keine klassische Erbschaft- oder Schenkungsteuer an. Vielmehr unterliegt das Vermögen einer Familienstiftung alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer. Im Unterschied zum Damokles-Schwert „Erbfall im Privatvermögen“ ist die Erbersatzsteuer damit zeitlich und betriebswirtschaftlich planbar. Dabei wird jeweils der Vermögensübergang auf zwei Kinder mit allen dazugehörigen Freibeträgen fingiert (nach Steuerklasse I). Zudem gelten die Begünstigungen für Betriebsvermögen und unternehmerische Beteiligungen. Stiftungen können die Zahlungsmodalitäten frei wählen. Entweder sie zahlen den fälligen Betrag auf einmal oder teilen ihn verzinst auf 30 gleiche Jahresbeiträge auf. Maßgeblich für die Festsetzung der Erbersatzsteuer ist der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung. Fällt der erste Vermögensübergang auf die Stiftung auf den 1. Januar 2024, entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 2054.

Was heißt das alles nun konkret für Unternehmer? Die unternehmensverbundene Familienstiftung sorgt für echte Kontinuität, sowohl beim Unternehmen als auch beim Vermögen. Durch die Stiftungslösung werden Erbstreitigkeiten und alle Situationen verhindert, die sonst zum Ende eines Unternehmens führen könnten. Gleichzeitig wird die Versorgung der Familie abgesichert, sodass diese eng an der Arbeit der Stiftung mit dem Ziel der Unternehmensfortführung partizipiert. Die Familienstiftung ist damit ein lohnendes Instrument zur Vermögensnachfolge. Das Unternehmen kann unter dem Dach der Stiftung zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. Die Struktur verbindet die Stabilität und Kontinuität auf der Ebene der Stiftung mit der erforderlichen Agilität im operativen Bereich.

Über den Autor Thorsten Klinkner

Rechtsanwalt und Steuerberater Thorsten Klinkner führt die Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft UnternehmerKompositionen GmbH aus Meerbusch bei Düsseldorf. Sie ist etablierte Spezialdienstleisterin für die rechtlich, steuerlich und strategisch tragfähige Errichtung von Familienstiftungen als Instrument einer zukunftsorientierten Eigentümerstruktur. www.unternehmerkompositionen.com

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