Karen Queitsch und Sören Dede, geschäftsführende Gesellschafter der zweiten Generation; Martin Klostermann, CEO und geschäftsführender Gesellschafter der SUND Group
Marco Henry Neumueller: Vermutlich hat jeder Bürger irgendwann schon einmal Ihre Produkte gekauft, ohne es zu wissen. Aus welchen Unternehmen besteht die SUND Group und welche Produkte stellen diese her?
Martin Klostermann: Die SUND Group besteht aus vier Firmen. Zum einen gibt es die Sund Holding als Muttergesellschaft, die unsere shared services anbietet. Bei der Emil Deiss KG sind wir Marktführer für Abfallsäcke und Müllbeutel im Bereich „away from home“ in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, sind aber auch in anderen Ländern aktiv und liefern bis nach Griechenland. Als weiteres Unternehmen gehört FIPP dazu, was namentlich eher weniger bekannt ist, da wir hier fast ausschließlich „Private Label“ produzieren und damit die deutschen Lebensmitteleinzelhändler und Drogeriemärkte mit Produkten des täglichen Bedarfs beliefern: Müllbeutel, Müllsäcke – was die Verbindung zu Emil Deiss ist –, darüber hinaus aber auch Einmalhandschuhe, Staubsaugerbeutel und weitere Dinge.
Last but not least gibt es dann noch das Unternehmen bingold. Ich sprach eben bei FIPP von Einmalhandschuhen. Das schlägt den Bogen zu bingold. Hier liefern wir Einmalhandschuhe und Mehrweghandschuhe im Bereich „away from home“, was wiederum die Verbindung zu Emil Deiss ist. Irgendwie haben alle Unternehmen etwas miteinander zu tun oder sind Ableitungen voneinander. Gleichwohl teilweise in verschiedenen Märkten tätig, ergänzen sie sich aber auch wunderbar.
Marco Henry Neumueller: Nachhaltigkeit ist schon länger kein Modewort mehr. Käufer strafen Unternehmen ohne klares Nachhaltigkeitsbekenntnis ab, und Mitarbeiter wollen immer häufiger für nachhaltige Unternehmen arbeiten. Wie steht es um die Nachhaltigkeit bei Ihren drei Unternehmen?
Karen Queitsch: Es steht gut um unsere Nachhaltigkeit, zumal dies schon immer ein wichtiges Thema für uns war und weiterhin ist. Auch ein Blick in die Historie, in die 1970er-Jahre, zeigt, dass wir immer schon Recyclingmaterialien genutzt haben. Als kleine Anekdote haben wir damals gebrauchte Kaffeesäcke geleert und erneut verwendet. Heute haben wir das Thema Nachhaltigkeit in unserer Mission und Vision fest verankert.
Marco Henry Neumueller: Die SUND Group gibt es bereits seit über 60 Jahren. Wie gelang Ihnen der Generationenwechsel und welche Empfehlung wollen Sie anderen Unternehmerfamilien geben?
Sören Dede: Bei uns kommen mehrere positive Faktoren zusammen. Zum einen läuft das Geschäft sehr gut. Sowohl unsere Produktentwicklung und Innovationskraft als auch der Vertrieb funktionieren und spielen wunderbar ineinander. Zum anderen kamen zwei Themen auf die Agenda, die sowohl bei uns als auch bei vielen anderen Unternehmen zunehmend an Gewicht gewinnen: die Themen Online und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig hatten wir in der Nachfolgegeneration zwei Kandidaten, die sich ganz intrinsisch motiviert mit diesen Themen identifizieren konnten. Karen Queitsch mit dem Thema Nachhaltigkeit, ich mit dem Thema Online, IT, Digitalisierung und E-Commerce. Somit konnten wir die beide zukunftsweisenden Themen aus den eigenen Reihen besetzen.
Meine Empfehlung für andere Unternehmerfamilien ist, dass man das Thema Nachfolge immer von den einzelnen Beteiligten und den individuellen Rahmenbedingungen abhängig machen muss. Es gibt leider kein Patentrezept.
Marco Henry Neumueller: Wenn wir den Blick Richtung 2025 oder gar 2030 lenken, wo sehen Sie die SUND Group dann? Was sind die Pläne für die Zukunft?
Martin Klostermann: Zum einen ist es wichtig, dass man expandiert. Reinhold Würth sagte einst: „Wachstum ohne Gewinn ist tödlich“ – so sehen wir das auch für uns. Wichtig auf diesem Weg ist, was Karen Queitsch und Sören Dede sagten. Sie bringen die Themen Nachhaltigkeit und Online. Unsere Vorstellung ist, dass genau diese Themen für eine sichere Zukunft sorgen werden. Das angestammte Geschäft läuft, wie man so schön sagt, das haben wir im Griff. Jedoch liegen die Herausforderungen im Onlinegeschäft und in der Nachhaltigkeit; und da sind wir nun gut aufgestellt. Deswegen bin ich sicher, dass wir 2025 weiter expansiv und erfolgreich dastehen. Wir sind sehr gut aufgestellt.
Marco Henry Neumueller: Die SUND Group hat sich erst Mitte Oktober 2020 ein neues Unternehmenslogo gegeben. Was war der Auslöser dafür?
Karen Queitsch: DerAuslöser dafür war unter anderem der Wunsch, den Gruppencharakter etwas stärker auszubauen. Wir wollten weg von der Einzelbetrachtung der Tochterfirmen, hin zu einem Dach, damit auch unsere aktuellen Mitarbeiter und zukünftigen Mitarbeiter ein besseres Bild, ja eine bessere Vorstellung davon bekommen, wofür wir stehen. Daher haben wir uns auch neu aufgestellt und bearbeiten parallel unseren Auftritt nach außen. Dazu gehört auch ein Bild, also ein Logo, das diesen Schritt verkörpert. Das kraftvolle und plakative „S“ in Form eines Taues steht nicht nur für „SUND“, sondern symbolisiert auch die Philosophie der Unternehmensgruppe: Nachhaltigkeit durch Stärke. Das Logo besteht aber gleichzeitig auch aus drei elegant geschwungenen Linien, die wiederum die drei Unternehmen DEISS, FIPP und bingold repräsentieren.
Marco Henry Neumueller: Wenn Sie die Kultur Ihres Familienunternehmens in wenigen Sätzen beschreiben müssten, wie sähe diese Beschreibung aus und worauf legen Sie bei der Auswahl von familienfremden Managern besonders Wert?
Sören Dede: Zum einen denken wir langfristig; das ist jedoch eine Besonderheit von Familienunternehmen im Allgemeinen. Wir im Speziellen legen Wert auf Augenhöhe, Teamarbeit und Menschlichkeit.
Das macht sich dadurch bemerkbar, dass wir keine strikten Hierarchien haben. Es wird bei uns nicht zwischen „der Familie“ und „den Angestellten“ unterschieden. Wir sind ein Team, wie eine große Familie, auch wenn das nun sicherlich etwas pathetisch klingen mag. Bei manchen Unternehmen gibt es so eine Art gläserne Decke. Ab einer gewissen Position finden sich dann nur noch Familienmitglieder – beispielsweise in der Geschäftsführung. Das ist bei uns nicht so. Wir haben noch zwei weitere Geschäftsführer, die nicht aus einer der Familien stammen, die aber trotzdem ganz gleichwertig ihren Sitz im Board und damit dieselben Rechte und Pflichten haben wie jedes Familienmitglied auch, das dort sitzt. Indem wir hier keine Grenze ziehen und offen sind für Externe, auch in der Geschäftsführung, kann man bei uns ganz lange sehr glücklich werden und muss nicht irgendwann das Unternehmen verlassen, weil man ab einer bestimmten Ebene nicht mehr weiterkommt.
Karen Queitsch: Insgesamt haben wir uns jünger und offener dargestellt. Wir fördern interne Talente und veranstalten zum Beispiel die „SUND Idea Days“. Wir sind davon überzeugt, dass Kreativität in jedem von uns steckt. Wir fordern dabei die Mitarbeiter auf, „out of the box“ zu denken, also über den eigenen Wirkungsbereich im Unternehmen hinaus. Bei aller Weiterentwicklung bewahren wir uns aber auch das schöne Hanseatische und die positiven Vorteile eines Familienunternehmens.
Marco Henry Neumueller: Ich danke Ihnen allen sehr herzlich für das Gespräch.
Über die Gesprächspartner
Karen Queitsch (links im Bild) ist geschäftsführende Gesellschafterin der SUND Group in der zweiten Generation. Privat liebt Frau Queitsch Italien, ihre zwei Kinder und ihren Mischlingshund Pommes.
Sören Dede (rechts im Bild) ist geschäftsführender Gesellschafter der zweiten Generation. Er ist begeisterter Segler und verbringt seine Freizeit gern mit seiner Familie an der Ostsee.
Martin Klostermann (Bildmitte) ist seit 20 Jahren geschäftsführender Gesellschafter der SUND Group. In seiner Freizeit spielt der 57-jährige Hamburger gern Golf und engagiert sich ehrenamtlich in verschiedenen Projekten.
Über das Familienunternehmen SUND Group
Die SUND Group, vormals Argent Holding, wurde 2000 aus den drei Unternehmen DEISS, FIPP und bingold gegründet und stellt vorwiegend Müllbeutel und Haushaltshelfer her. DEISS begann 1931 als Jutesackfabrik, stieg 1971 auf Müllsäcke um und ist heute Marktführer in Deutschland und Österreich. FIPP ist seit 1986 in der SUND Group und startete 1962 mit wachsbeschichtetem Brotpapier, produzierte ab den 1980ern Haushaltsfolien und ist heute für Eigenmarken diverser Einzelhandelsketten verantwortlich. bingold, 1972 gegründet, gehört seit 2010 zur Firmengruppe und setzt seinen Schwerpunkt auf Ein- und Mehrweghandschuhe. Die SUND Group beschäftigt als Familienunternehmen über 130 Mitarbeiter in Hamburg. Sie setzt als Markenhersteller und Anbieter von Private Label über fünf Milliarden Handschuhe, Müllsäcke und Beutel jährlich um.