Tobias Rappers ist Geschäftsführer vom Maschinenraum, einem Innovations-Ökosystem vom Mittelstand für den Mittelstand, bei dem schon mehr als 40 Familienunternehmen gemeinsam an den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit arbeiten. Als Experte in Sachen Digitalisierung und Nachhaltigkeit war Rappers zuvor bei Roland Berger und als Geschäftsführer der Digitalisierungsinitiative Spielfeld Hub tätig.
Zwei Jahre Pandemie und Krisenmodus verändern ein Unternehmen. Auch oder gerade solche, die seit Generationen geführt werden. Diejenigen Unternehmen aber, die seit jeher nachhaltig im Sinne von wandelbar agieren, können die Coronakrise besonders gut meistern – um dann wieder den Fokus voll auf andere Herausforderungen wie die Klimakrise zu richten. Dabei kommt es auch auf ein leicht verändertes Selbstverständnis von Unternehmer:innen an.
Familienunternehmen: Schon immer nachhaltig
Nachhaltigkeit ist gewissermaßen das Herzstück, die DNA eines jeden erfolgreichen Familienunternehmens. Als „erfolgreich“ gilt ein familiengeführtes Unternehmen oftmals dann, wenn es „enkelfähig“, also wirtschaftlich solide bis zukunftssicher aufgestellt ist.
Wer nun meint, dass es in Sachen wirtschaftlicher Nachhaltigkeit allein um die Bildung von Rücklagen oder eine dauerhaft marktbeherrschende Position geht, verkennt: Um in einer sich immer schneller wandelnden Umgebung bestehen zu können, braucht es vor allem stete Anpassungsfähigkeit.
Agilität ist nicht nur Buzzword, sondern tatsächlich ein Erfolgsfaktor. Gerade in der heutigen Zeit, die sich durch die Gleichzeitigkeit diverser Herausforderungen – Pandemie, Klimawandel, Digitalisierung, War for Talents – auszeichnet, profitieren Familienunternehmen von den kurzen Entscheidungswegen, die zwischen Unternehmerfamilie und den „Familienmitgliedern“, wie etwa das Klimalösungsunternehmen Viessmann seine Mitarbeitenden wertschätzt, bestehen.
Vor diesem Hintergrund ist Nachhaltigkeit also etwas, das Familienunternehmen „by design“ oder „per default“ inne ist. Übrigens nicht nur auf ökonomischer, sondern auch auf sozialer (u. a. durch Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit) und ökologischer (u. a. durch aktiven Umweltschutz und die Reduktion von Emissionen) Ebene.
Nachfolger:innen brauchen anderes Selbstverständnis
Aktuell geht es darum, möglichst gut durch die Coronakrise zu manövrieren. Gleichzeitig darf der generelle Kurs nicht außer Acht geraten. Überall da, wo über Quartalszahlen hinaus gedacht wird, gelingt beides im Sinne der Nachhaltigkeit.
Auch die Nachfolger:innen selbst, die jetzt in Familienunternehmen Führungsverantwortung übernehmen, haben großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit in ihren Unternehmen.
Oftmals wird die Nachfolge als solche so stark betont, dass fast vergessen wird: Nachfolger:innen sind zugleich auch Vorfahr:innen. Dieser Fakt sollte stärker betont werden, vor allem um gegenüber Talenten und der Politik zu unterstreichen: Hier werden klimafreundliche Technologien entwickelt und genutzt, hier wird Zukunft für kommende Generationen gemacht.
Es braucht also ein klareres Bild davon, was Familienunternehmen und Mittelständler für die Lösung der dringenden Probleme leisten. Schließlich ist die „NextGen“ in der Situation, neue Wege gestalten und gehen zu müssen, um ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu machen – und nicht nur „bleiben zu lassen“. Das treibt am Ende die Innovationskraft der gesamten Wirtschaft.
Übrigens haben Familienunternehmen gegenüber anderen Konzernen den Vorteil, dass die Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes an die nächste Generation übergeben werden. In Unternehmen, die nicht familiengeführt sind, werden vakante Posten meist innerhalb einer Generation neu besetzt, die Unterschiede im Denken sind marginal. Das konkrete Alter spielt in beiden Fällen weniger eine Rolle, aber die Weltanschauung und Glaubenssätze unterscheiden sich zwischen den Generation teilweise enorm. Familienunternehmen haben dadurch ein riesiges Potenzial, da sie sich schneller erneuern können und näher am Puls der Zeit sind. Gerade in Zeiten, in den es zu brutalen Umbrüchen des wirtschaftlichen Rahmens kommt, hilft diese Form der Diversität ungemein.
Stärken gemeinsam nutzen und zeigen
Nie war es wichtiger, nach den Standards der Nachhaltigkeit zu handeln. Ökologische Lösungen werden gebraucht, um auch kommenden Generationen ein Leben zu ermöglichen; soziale Verantwortung wird immer wichtiger, wie etwa die Pandemie zeigt; und schließlich gilt es – etwa im fairen Wettbewerb oder gar mittels Partnerschaften mit Tech- und Start-up-Bereich – den ökonomischen Erfolg zu sichern.
Kurz: Nachhaltigkeit ist das Thema, das in seiner Vielschichtigkeit Familienunternehmen beschäftigt. Traditionell denken Familienunternehmen in Generationen, nicht in Geschäftsjahren. Das ist eine Stärke, die die neue Generation von Vorfahr:innen nutzen und zeigen sollte. Der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg kann dabei der Dialog sein, das Teilen von Erfahrungen und Lösungen untereinander.
Bildquelle: Maschinenraum
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