Fabian J. Fischer

Frühe Investments, aber anders: Wie Familienunternehmen und Start-ups heute kooperieren können

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von Fabian J. Fischer, Gründer und CEO der Etribes Group.

Blicken wir den Tatsachen ins Auge: Direkte Start-up-Investments oder eigene Ausgründungen haben für Familienunternehmen in den seltensten Fällen die Innovationsschübe und Umsatzsprünge gebracht, die man sich erhofft hatte.

Ein Kernproblem: Derartige Engagements wurden oftmals als einzige Maßnahme in Sachen digitaler Transformation angegangen, abseits des eigentlichen Kerngeschäfts. Der Mehraufwand an Administration und die Frustration bei ausbleibenden Ergebnissen, dazu eine Diskrepanz zwischen den Dividendenansprüchen der Inhaber-Familien und den erforderlichen Investitionen in die Digitalisierung – all das hat das Thema Start-ups für Familienunternehmen weniger attraktiv werden lassen.

Kooperationen gehen zurück – bleiben aber alternativlos

In jedweder Form sind Kooperationen zwischen Familienunternehmen und Start-ups in der vergangenen Zeit deutlich zurückgegangen. Dabei kann in der Theorie gerade aus der Kooperation von etablierten, traditionsreichen Unternehmen und Start-ups Spannendes entstehen: Die Kombination aus generationenübergreifender Erfahrung trifft auf leichtfüßige Experimentierfreudigkeit, beides im Wissen und Angesicht von unternehmerischer Verantwortung.

Klar ist: Die mannigfaltigen Herausforderungen unserer Zeit können nur gemeinsam gelöst werden. Familienunternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – und Start-ups braucht es, um das Innovationspotenzial durch neue Technologien wie KI vollends zu heben.

Was also tun? Zunächst braucht es seitens der Familienunternehmen die Einsicht: Digitalisierung und Transformation sind Kerngeschäft. Es darf nicht allein „nebenbei“ ausprobiert werden, sondern es braucht die Bereitschaft, sich direkt im Kern der Unternehmung Richtung Zukunft zu bewegen. Impulse von außen bleiben dabei ein probates Mittel, frühe Investments in Start-ups ebenso – nur anders.

Familienunternehmen als Venture Clients statt Investoren

Derzeit en vogue ist das „Venture Client Model“, bei dem Familienunternehmen und Mittelständler frühe Kunden von Start-ups werden, ohne direkt in sie zu investieren. Die Zusammenarbeit ist deswegen lukrativ, weil Start-ups schnell wertvolles Feedback erhalten und die Mittelständler ihre eigene Innovationsführerschaft ausbauen können, ohne die finanziellen Risiken eines direkten Investments einzugehen.

Der Reihe nach: Jede Zusammenarbeit braucht eine grundlegende Strategie, ein Ziel. Ist dieses – gestützt von relevanten KPIs – definiert, können Familienunternehmen auf die Suche nach passenden Partnern gehen. Sinnvoll ist dabei, eine hauseigene Taskforce zu bilden, die gegebenenfalls durch externe Experten unterstützt wird. Von einer Bedarfsanalyse ausgehend können dann Start-ups gesucht werden, die im jeweiligen Bereich aktiv sind und mögliche Lösungen – in Form von Produkten oder Services – anbieten. Wird ein passender Anbieter gefunden, wird eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Wichtig dabei: Über einen definierten Zeitraum, der am besten zwei Geschäftsquartale umfasst, wird das Familienunternehmen „Venture Client“ und testet die Lösung des Start-ups. Zeichnet sich dann ab, dass die Kooperation für beide Seiten gewinnbringend ist, folgt bestenfalls die dauerhafte Implementierung. Die Start-ups profitieren so einerseits durch frühe Umsätze – was ihnen als etwa bei der Suche nach Venture Capital hilft –, andererseits durch wertvolles Anwenderfeedback. Familienunternehmen können ihrerseits testen, ob eine Lösung dauerhaft taugt, und ihre Innovationskraft steigern. Ohne dabei die prozessualen Aufwände und das finanzielle Risiko eines Investments zu tragen.

Start-up-Investments anders angehen

Wer das Thema Start-up-Investments noch nicht ganz abhaken will, sollte eine andere Rolle dabei annehmen: Als Limited Partner (LP) bei einem Fund. Während sich VCs gern für Start-up-Erfolge feiern, sind LPs die eigentlichen Innovationstreiber – schließlich wäre es ohne ihr Kapital gar nicht möglich, Start-ups zu fördern. Für Familienunternehmen und ihre Family Offices verringert sich die Komplexität, die Direktinvestments allein beziehungsweise in der Masse bringen würden und Investment-Profis übernehmen Auswahl und Steuerung.

Durch das Sichern von Co-Investment-Rechten kann man sich dann noch Türen offen gehalten werden, um gegebenenfalls doch noch direkt zu investieren – aber eben erst nach einer Testphase. Zudem lohnt es sich, auch Positionen in den Boards der vom Fund ausgewählten Start-ups anzustreben, um effizient zu lernen und eigenes Know-how einzubringen.

Falsche Erwartungshaltungen und Missverständnisse haben zu Problemen geführt, die Kooperationen zwischen Familienunternehmen und Start-ups haben unattraktiv(er) werden lassen. Es darf aber kein Zweifel daran entstehen, OB Kooperationen sinnvoll sind – sondern WIE sie anzugehen sind. Mit der richtigen Strategie, Einstellung und erfahrenen Partnern an der Seite können auch weiterhin fruchtbare Kooperationen entstehen, die sowohl Start-ups als auch Familienunternehmen voranbringen.

Über den Autor

Fabian J. Fischer ist Gründer und CEO der Etribes Group, einer führenden Digitalberatung. Als Digital-, E-Commerce- und Finanz-Experte steht er Entscheiderinnen und Entscheidern in Konzernen, Mittelständlern und Start-ups zur Seite. Zusätzlich fungiert Fischer in der Rolle als Advisor für Family Offices und Investment-Funds.