Adina Krausz

Familienunternehmen und Innovationen: Es muss nicht immer aus eigener Kraft sein

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von Adina Krausz, Gründerin und CEO von InnoSource Ventures

Auch wenn die Rezession im letzten Quartal leicht zurückging, die angespannte Wirtschaftslage trifft den deutschen Mittelstand hart. Laut KfW und Ifo-Mittelstandsbarometer sind sowohl Geschäftsklima als auch -lage und -erwartungen so tief wie noch nie. Dazu kommt der Fachkräftemangel, der unter den Top 5 Sorgen von Familienunternehmen gesehen wird (Quelle: Ifo-Mittelstandsbarometer, Januar 2024). In dieser Situation Innovationen zu treiben ist ein enormer Kraftakt. Doch ohne sie werden die deutschen Unternehmen weiter an Stärke und Attraktivität einbüßen.

Dabei spielt Innovation eine wesentliche Rolle. Und der Druck ist groß. Die Geschwindigkeit, die von großen Konzernen vorgegeben wird, ist schwer mitzuhalten. Gerade Mittelständler, darunter viele Familienunternehmen, können nicht immer eine Innovationsabteilung halten. Deshalb suchen immer mehr von ihnen die Lösung in einem strategischen Partner. Auf die Lösung greifen genauso Großunternehmen im internationalen Umfeld zurück. Oft genug stellen externe Partnerschaften eine schnelle und effiziente Lösung dar, um neue Märkte zu erschließen, neue Produkte einzuführen oder Technologien zu implementieren.

Nicht selten sind es Start-ups, die mittelständische Unternehmen durch eine strategische Partnerschaft weiterbringen – und das, durch alle Branchen hindurch, ob in der Lebensmittelherstellung, der Logistik, der Medizintechnologie oder der digitalen Technologie.

Die Vorteile von so einer Option liegen auf der Hand: Vorausgesetzt, die Integration von Innovationen aus dem externen Umfeld gelingt reibungslos, gelangen Unternehmen in der Regel damit schneller an neue Produkte, neue Technologien, neue Märkte. Auch das Team kann sich so schnell um Mitglieder bereichern, die viel Know-how und Kompetenz mitbringen.

Bei der Suche nach dem perfekten Match können Innovation-Scouts helfen, Dienstleiter, die im Auftrag von Unternehmen Start-ups suchen (scouten), Kontakte herstellen und den gesamten Prozess der Partnerschaft (Übernahme, Kooperation, Abkommen über Distributionsrechte etc.) begleiten.

Der Gamechanger

Innovation-Scouting kann ein Gamechanger für mittelständische Unternehmen sein, die hohen Transformationsdruck verspüren oder ihr Geschäftsfeld schnell und effizient erweitern möchten.

Ein Beispiel: Kürzlich erweiterte ein Schweizer Hersteller von Milchprodukten seine Produktpalette um einen veganen Joghurt. Hinter den Kulissen passierte viel: Die Molkerei hatte kein Know-how in der Herstellung von veganem Joghurt, Quark & Co. Die Hauptwettbewerber waren nach und nach in den neuen Markt eingestiegen und die Zeit drängte. Die Lösung: Die Zusammenarbeit mit einem Start-up, das bereits mehrere Produkte entwickelt hatte. Phasen wie Forschung, Entwicklung und Herstellungsprozess wurden so enorm beschleunigt oder gar überholt.

Was sich so schnell erzählt, war ein intensiver Prozess. Dieser begann bei der Suche nach dem geeigneten Partner. Diese Aufgabe übernahm der Innovation-Scout. Das Team identifizierte nicht nur potenzielle Partner mit ergänzenden Stärken und Technologien, sondern bewertete Chancen und Risiken von mehreren Kandidaten. Zum Prozess gehört auch die Überprüfung des externen Umfelds auf neue Technologien und Markttrends und der Konkurrenz. Das Ziel: Der Auftraggeber soll Chancen ergreifen und Bedrohungen erkennen können. Die Erkenntnisse aus dem Innovation-Scouting fließen in die strategische Planung ein, sodass Unternehmen datenbasiert und zukunftsorientiert agieren können.

Ohne Commitment der Führungsetage kein Erfolg

Optimalerweise wird das Projekt strategisch verankert und von der Geschäftsführung getragen. Dies sollte selbstverständlich sein, da die Bemühungen um Innovationspartnerschaften mit den Unternehmenszielen und -strategien übereinstimmen müssen. Die Geschäftsführung muss den Prozess begleiten, die identifizierten Chancen ins Team einbringen und bereit sein, Zeit, Geld und Personal zu investieren, um die Neuerungen umzusetzen.

Der Prozess kann nur erfolgreich sein, wenn die Unternehmenskultur offen für neue Ideen und Veränderungen ist. Besonders wichtig ist es, das Team zu sensibilisieren und es sich zur Aufgabe zu machen, die Mitarbeiter „mitzunehmen“, da oft erhebliche Veränderungen nötig sind.

Zwei Welten zusammenbringen

Viele Firmen im Prozess einer Partnerschaft machen sich Sorgen um die Kultur- und Mentalitätsunterschiede zwischen Start-up und Mittelständler. Auf der einen Seite stehen Traditionsbewusstsein, etablierte Entscheidungsprozesse und Hierarchien, auf der anderen Geschwindigkeit, eine Kultur des Ausprobierens und flache Hierarchien.

In der Tat ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Innovation-Scouts dafür zu sorgen, dass die diese zwei Welten nicht aufeinanderprallen, sondern harmonisch zusammenarbeiten können. Kommen die Partner aus unterschiedlichen Ländern oder Regionen, führen die sprachlichen und kulturellen Unterschiede manchmal zu Missverständnissen, die Deals gefährden.

Bei keinem Vorhaben zwischen Traditionsunternehmen und Start-up bleiben Diskussionen, Missverständnisse oder enttäuschte Erwartungen aus. Innovation-Scouts begleiten aus diesem Grund den Prozess bis zum Abschluss und oft darüber hinaus. Bei Verhandlungen sitzen sie mit am Tisch, und die Praxis, in täglichen E-Mail-Austausch in Kopie gesetzt zu werden, ist nicht ohne Grund üblich.

Die Partnerschaft mit einem Start-up kann auch Risiken bergen, etwa wenn das junge Unternehmen finanziell instabil ist oder durch zu schnelles Wachstum personelle Probleme hat. Daher sollten Unternehmen Pläne entwickeln, um diese Abhängigkeit zu bewältigen.

Von Anfang an klare Erwartungen an die Partnerschaft zu setzen, ist essenziell, um ein gemeinsames Verständnis sicherzustellen. Besonders bei gemeinsam entwickelten Technologien ist Klarheit notwendig. Daher lautet mein Rat: Treffen Sie klare Vereinbarungen und ziehen Sie gegebenenfalls rechtliche Beratung hinzu.

Über die Autorin Adina Krausz

Adina Krausz (Jahrgang 1977) ist Gründungspartnerin und CEO der InnoSource Ventures AG. Diese dient als eigenständige und unabhängige Innovationsabteilung des Multi-Family Offices Toledo Capital, bei dem sie ebenfalls als Vorstandsmitglied tätig ist. In über 20 Jahren hat sich Adina Krausz ein außerordentlich breites Netzwerk aus High-Tech-Start-ups, VC-Gesellschaften aus der ganzen Welt und Corporates aus der DACH-Region aufgebaut. Ihre Leidenschaft ist es, mit diesem Netzwerk und mithilfe der mittlerweile über 20 Mitarbeitenden von InnoSource Ventures, die erschiedenen Akteure dabei zu unterstützen, passende Technologien zu finden, um diese gewinnbringend in ihr Geschäft zu integrieren.

Bildquelle: Adina Krausz